W enn Sie Lautsprecher
w erd en Sie bei der
1/2014 STEREO 49
M
anchmal dauert es etwas länger,
bis man seine wahre Bestim-
mung gefunden hat. Von einem
solchen spätberufenen Sucher und sei-
nem Werk handelt auch die nun folgende
Geschichte - die Geschichte eines Man-
nes, dessen fast schon triebhafte Neugier
und dessen Forschergeist mit dem Begriff
„Entwickler“ fast unzureichend beschrie-
ben wäre: Michael Borresen, 48, Mitin-
haber und Entwicklungschef beim däni-
schen Lautsprecherhersteller Raidho, der
sich während seines Studiums an der Uni
Aalborg besonders intensiv mit Material-
kunde und Vibrationen befasst hat, ist bei
Betrachtung seiner vielfältigen Aktivitäten
mit „Tausendsassa“ richtiger beschrieben.
Speed auf zw ei Rädern
In jungen Jahren hat er unter anderem
Fahrräder für Speed-Junkies entwickelt,
auf denen sich ein gewisser Jan Ulrich
ziemlich wohl gefühlt haben soll auf sei-
nem eiligen Weg durch Frankreich.Vor
der Gründung von Raidho nutzte Borre-
sen seine in den Jahrzehnten gewachsenen
Erfahrungen, um immer mal wieder mit
sachdienlichen Eiinweisen die Qualität
von Elektronik, Kabeln, Netzleisten etc.
anderer Hersteller nach vorne zu brin-
gen. Doch auch Laufschuhe, Anglerzube-
hör und Trollies für Flughäfen sind nach
seinen Ideen gebaut worden.
All seine Produkte zeichnete eine akri-
bische Liebe zum Detail und das Hinter-
fragen gängiger Vorgehensweisen aus.
Was bei Raidho dazu führte, ganz vorne
anzufangen und Fertigungsmöglich-
keiten für eigene Chassis zu schaffen.
Der Hochtöner, Bändchen genannt, aber
aus technischer Sicht ein Magnetostat, ist
selbstredend eine komplette Eigenent-
wicklung und wusste uns schon beim Test
der C 2.1 in STEREO 8/2012 zu entzücken.
Seine hauchdünne Folie scheint mit einer
Masse von lediglich 0,02 Gramm rekord-
verdächtig leicht, was jedwede Energie-
speicherung sowie Resonanzen zuverläs-
sig verhindern soll. Dass Borresen früher
mal zumindest am Webstuhl assistierte,
legt die spezielle, für höchste Resonanz-
freiheit sorgende Verwebungstechnik der
Folie nahe, die von einer ganzen Armada
kräftiger Magneten aus der Seltenen Erde
Neodymium ihre Antriebskraft bezieht.
Optisch unauffälliger, technisch jedoch
noch anspruchsvoller zeigt sich der bis hi-
nauf zu 3000 Hertz spielende Tiefmit-
teltöner. Die künstliche Diamantmasse
auf der Membran, die mit Grafitfasern,
einer weniger fest verbackenen Kohlen-
stoffverbindung, im Verhältnis 50 zu 50
auf einer Keramikbasis verschmolzen ist,
soll zu ungekannter Steifigkeit und über-
ragenden Klangeigenschaften verhelfen.
Der Grafitanteil verhindert übrigens, dass
der Glanz des Diamanten zu sehen ist -
das Chassis zeigt sich Mattschwarz.
Fast Lichtgeschw indigkeit
Viel wichtiger jedoch ist die Frage, warum
man nun mit Diamant veredelte Chassis
statt der in der C-Serie eingesetzten aus
Keramik bevorzugt, und warum man nicht
auch in den höchsten Lagen zur „Härte
10“ greift. Die zweite Frage ist schnell
beantwortet: Diamant ist aus Sicht der
Dänen mit zu viel Masse behaftet, um den
rasanten Bewegungen hoher Frequenzen
schnell genug zu folgen. Beim Tiefmit-
teltöner hingegen verfängt das Argument
der Steifigkeit, da Diamant rund 140 mal
stabiler ist als Keramik. Bei Raidho ent-
schied man sich für die Produktion der
zehn Mikrometer dicken Diamantauflage
auf den Keramikträger mittels Hochge-
schwindigkeitsbeschuss, der nahezu in
Lichtgeschwindigkeit erfolgt. Das Resultat
ist eine Steifigkeit, die die Membranreso-
nanz in einen Frequenzbereich weit jen-
seits der als Hörgrenze geltenden 20 Kilo-
hertz wandern lässt - und das mit einer
Dämpfung von 36 dB. Wer sich tiefer in
das Thema einiesen möchte, findet unter
„Diamond-like carbon“ in der englisch-
sprachigen Wikipedia das passende Futter.
Uns stellt sich wieder einmal die Frage:
Können wir Dinge hören,
die nicht oder kaum mess-
bar sind? Borresen und sein
Partner Lars Kristensen sind
fest davon überzeugt, auch
wenn sie bedauern, dass die
Veredelung mit Diamant
um rund 1,5 Karat einen
schon zuvor sehr guten
und sehr teuren Lautsprecher preislich
nochmals in höhere Gefilde katapultiert.
Daran hat nicht zuletzt der rund 14-stün-
dige Produktionsprozess plus der Zeit für
den Zusammenbau des Chassis im Werk
in Pandrup entscheidenden Anteil. Die
Beseitigung allerletzter Reste von Eigen-
klang sei der Lohn für den immensen
nach Kilopreis beurteilen,
Raidho D1 nicht zum Ziel kom m en
STICHWORT
Bändchen:
Beim Bändchen
dient die Membran
gleichzeitig als
Schwingspule. Die
Folie ist meist aus Alu
und hat eine geringe
bewegte Masse